Seit letzter Woche ist bekannt, dass die britische Regierung eine Datenschutzreform plant und damit eine (mindestens partielle) Abkehr von den DSGVO-Richtlinien im Blick hat. Nach und nach wurden in den letzten Tagen dann weitere Details und Reaktionen publik: Aus Brüssel ertönte erwartungsgemäß wenig Zustimmung; der Tenor ist die große Sorge vor der Verwässerung von bisher geltenden Datenschutz-Standards. Auch Kritik politischer Dimension war zu vernehmen: Es sei absehbar gewesen, so etwa der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner, dass die Briten sich durch gelockerte Datenschutzrichtlinien einen „Standortvorteil“ verschaffen würden. Die noch geltende Äquivalenzentscheidung, welche vor allem von der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausging (und der das Europaparlament von Beginn an ablehnend gegenüberstand), „hätte nie erteilt werden dürfen“.
Dowdens Datenschutzreform: Was ist konkret geplant?
Doch abseits aller Meinungen und Befürchtungen stellt sich natürlich die Frage: Was plant der britische Kultusminister überhaupt, wenn er von der künftigen Entwicklung einer „weltweit führenden Datenpolitik“ spricht? Dowden möchte vor allem kleine Unternehmen sowie wohltätige Organisationen partiell von Datenschutz-Richtlinien befreien und so dem „Wust an unnötiger Bürokratie und abzuhakenden Feldern“ entgegentreten: „Wir können von einem kleinen Familienbetrieb nicht dasselbe erwarten wie von einem gigantischen Konzern der Sozialen Medien.“
Mit konkreten Vorschlägen und Umsetzungsüberlegungen ist frühstens Ende September zu rechnen.
Simplifizierung der Datenschutzrichtlinien: Chance oder Risiko?
Äußerungen dieser Art dürften für große Teile der europäischen Bevölkerung zunächst gar nicht besonders abwegig klingen: Natürlich stören wir uns fast alle an den endlosen Cookie-Checkboxen, die uns bei jedem Website-Besuch entgegenspringen. Und natürlich ist es auch nachvollziehbar, dass Dowden es kritisiert, wenn britische Kirchen daran gehindert werden, Gemeindebriefe zu verschicken, um für bevorstehende Trödelmärkte zu werben – dies könne nach derzeitigem Recht als Marketing eingestuft werden, womit eine vorherige Zustimmung der Empfänger erforderlich sei.
Und doch: Dowdens Vorgehen wird wohl kaum von schlichter Nächstenliebe getrieben sein – Moritz Körners Warnung vor dem britischen Standortvorteil könnte Dowdens Intentionen schon deutlich näher kommen.
Die EU ist bestrebt, ihren Bürgern ein möglichst großes Maß an digitaler Unversehrtheit zu verschaffen und dafür zu sorgen, dass sich die Handhabe personenbezogener Daten tatsächlich personen- und nicht konzernbezogen gestaltet. Wenn Großbritannien sich hiervon merklich abwendet, so sicherlich nicht, um anschließend im Alleingang noch strengere Regularien zu verabschieden. Zu erwarten ist somit eher eine Simplifizierung der Datenschutzrichtlinien zu Gunsten einiger weniger digitaler Großkonzerne und somit – trotz Wegfall der nervenaufreibenden Cookie-Checkboxen – eine Vorgehensweise entgegen dem Einzelinteresse.
Quellen:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/brexit-dsgvo/
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/grossbritannien-will-cookie-hinweise-im-internet-einschraenken/