Zu Beginn der Corona-Pandemie sah es kurzzeitig international und branchenübergreifend so aus, als bekämen so gut wie alle wirtschaftlich-sozial relevanten Digitalisierungsbestrebungen plötzlich Flügel: Der Onlinehandel machte es selbstbewusst vor, das Gesundheitswesen und mit ein paar Einschränkungen auch Verwaltungen und Behörden zogen schnell nach – plötzlich konnten Kunden von Zuhause aus so gut wie jede Dienstleistung einkaufen und verwalten, Termine vereinbaren und diese oft auch komplett virtuell wahrnehmen. Doch die derzeitig deutlich spürbaren Lieferkettenengpässe im internationalen Warenstrom sind bereits ein erster Indikator dafür, dass es hinsichtlich der Digitalisierung doch nicht überall so rosig aussieht.
Digitalisierung als Resilienzfaktor in Krisenzeiten
Natürlich ziehen sich Lieferkettenengpässe derzeit international durch alle Branchen und lassen sich demnach im Bezug auf die individuelle „Schuldfrage“ zunächst nur selten präzise verorten. Und doch gibt es wissenschaftliche Indizien dafür, dass der jeweilige Grad der Digitalisierung über den Umgang mit solchen Problematiken eklatant mitentscheidet: „Herausforderungen wie die Corona-Pandemie oder die Lieferkettenproblematik [zeigen], dass Unternehmen, die ihre Hausaufgaben in puncto Digitalisierung erledigt haben, bedeutend besser durch diese Krisen manövrieren“, so die Expertenmeinung von Johann Kranz (Professor für Digitale Services und Nachhaltigkeit LMU München).
Gründe hierfür liegen alleine schon in Geschwindigkeit und Effizienz digitaler Lösungen verankert: Gleich ob Außen-/Kundenkommunikation, Verwaltung des Bestandsmanagements in Echtzeit oder der intensivierte Austausch mit Zulieferern und anderen Dritten – wer digital gut aufgestellt ist, entwickelt verstärkt Resilienz und kann somit schneller und souveräner auf Herausforderungen reagieren, da konzernweit an einem Strang gezogen wird.
DACH-Region bei Industriedigitalisierung abgeschlagen
Aber zurück zur scheinbar international voranschreitenden Digitalisierung in Pandemiezeiten: Laut dem aktuellen und insgesamt zum vierten Mal zusammengestellten Industrie 4.0-Barometer (Erstellt von MHP in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität) sind die derzeitigen Entwicklungen sehr ungleich verteilt. Die DACH-Region hinkt ihren Konkurrenten aus China, Großbritannien sowie den USA demnach deutlich hinterher, wenn es um die Bereiche Technologie, IT-Integration, Strategie/Ziele, Digitalisierungstreiber und -hemmnisse, Digital Leadership sowie Supply-Chain-Resilienz geht. Während das Digitalisierungsniveau international weiter ansteigt, fielen die diesjährigen Umfragewerte der DACH-Region sogar unter die jeweiligen Vorjahresmarken zurück.
Eine Lösung für dieses Problem könnte laut den Umfrageerstellern die verstärkte Implementierung von CIOs sein: „Die DACH-Unternehmen müssen zeitnah den Rückstand in der Digitalisierung aufholen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. International erweist sich ein CIO in der Geschäftsführung, eine Kundenfokussierung und Kollaboration als universeller Erfolgsgarant“, so beispielsweise MHP-Strategieleiter Tom Huber.
Quelle:
www.konstruktionspraxis.vogel.de/digitalisierungsfortschritt-in-der-dach-region-stagniert/