Immer, wenn man denkt, man habe wohl den letzten Bericht über die hartnäckig stockende E-Patientenakte (ePA) geschrieben und schon beinahe davon ausgeht, dass sich die weitere Entwicklung im Sande verlaufen wird, treten doch wieder neue Entwicklungen zu Tage. Und diesmal könnte die Sache wohl tatsächlich Fahrt aufnehmen, denn die aktuellen Neuigkeiten kommen von höchster politischer Ebene: Von unserem Bundesgesundheitsminister und seinem Bundesgesundheitsministerium (BMG) selbst. Karl Lauterbach stellte diese Woche eine neue Digitalisierungsstrategie vor, die bis 2025 endgültig die ePA in unser virtuelles Leben eingliedern möchte – es sei denn, wir widersprechen persönlich (Opt-out bzw. Widerspruchslösung).
ePA soll endlich für alle gesetzlich Versicherten erschlossen werden
Ziel der neuen Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen ist der flächendeckende Rollout der ePA für mindestens 80% der gesetzlich Versicherten binnen zwei Jahren. Weiterhin soll derselbe Prozentsatz an ePA-Nutzern, die in medikamentöser Behandlung sind, bis dahin über eine digitale Medikationsübersicht verfügen. Und zu guter Letzt sollen bis Ende 2026 mindestens 300 Forschungsvorhaben mit Hilfe von Gesundheitsdaten initiiert werden. Die Realisation wird hierbei vom „Forschungsdatenzentrum Gesundheit“ übernommen. Kurz: Die ePA soll alltagstauglich gemacht werden und als Hilfsmittel für die Forschung agieren.
Für Lauterbach, der bei der Projektvorstellung einräumte, dass Deutschland in vielen digitalen Belangen (vor allem bei der Gesundheitsdatennutzung zu Forschungszwecken) gegenüber den führenden Nationen „Jahrzehnte“ hintenan sei, soll dadurch nicht nur das deutsche Gesundheitswesen endlich vollends digital erschlossen, sondern sogar in seiner Gesamtqualität gesteigert werden. Er rechnet mit „großen Auswirkungen auf die Qualität der Gesundheitsversorgung“.
Zwei Gesetze sollen den Erfolg der neuen Strategie garantieren
Das BMG stellte im Rahmen der Pressekonferenz Pläne für zwei neue Gesetze vor, die dafür sorgen sollen, die geplanten Vorhaben auch wirklich im genannten Zeitraum umsetzen zu können. Ein „Digitalgesetz“ sieht vor, dass die ePA zum 01.01.2024 verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung wird. Weiterhin verankert es eine sogenannte Opt-out-Lösung (deutsch: Widerspruchslösung), die besagt, dass die ePA verbindlich für jeden gesetzlich Versicherten angelegt werden soll – es sei denn, der Patient widerspricht auf formellem Wege ausdrücklich.
Das „Gesundheitsdatennutzungsgesetz“ soll weiterhin dafür Sorgen, dass auch die Forschung von der Digitalisierung profitieren kann. Es soll als Grundlage fungieren, um Forschung auf Basis von Gesundheitsdaten datenschutzkonform durchführen zu können. Der Aufbau einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle soll dabei Zugang zu einzelnen Quellen (es wurden beispielhaft etwa Krebsregister oder Krankenkassendaten genannt) ermöglichen. Für Diskussionsbedarf könnte abschließend der Plan sorgen, dass auch die Industrie zu zwecken der Forschung Antrag auf Datenzugang stellen können soll – selbstverständlich aber nur auf zuvor pseudonymisierte Daten.